Ein offenes Wort zu Spanisch
In den letzten Jahren wird Spanisch von vielen Gymnasien als alternative zweite Fremdsprache zu Französisch angeboten. Das geht auf die weit verbreitete Meinung derer zurück, die irgendwann einmal Spanisch gelernt haben, dass Spanisch einfacher zu lernen sei als Französisch.
Was immer dabei vergessen wird, ist dass diejenigen, die es leichter fanden, Spanisch zu lernen als Französisch, in der Schule mit Französisch als der zweiten Fremdsprache begonnen haben und Spanisch dann später dazu gelernt haben. Da Französisch und Spanisch beide romanische Sprachen sind und derselben Sprachfamilie angehören, sind ihre grammatischen Strukturen sehr ähnlich. Deshalb ist es natürlich leichter, eine zweite (!) Sprache aus derselben Familie zu lernen, wenn man sich bereits durch das Erlernen der ersten Fremdsprache aus dieser Sprachfamilie einige strukturellen Grundlagen mühsam angeeignet hat.
Stehen für die zweite Fremdsprache in der Schule sowohl Französisch als auch Spanisch zur Auswahl – und besitzt Ihr Kind keine (!) muttersprachlichen oder weiteren Vorkenntnisse in anderen romanischen Sprachen (Italienisch, Rumänisch, Retoromanisch, Portugiesisch usw.) -, wird es in Spanisch genauso viele Vokabeln, Verbformen und Grammatikregeln lernen müssen wie in Französisch – und dieselben strukturellen Herausforderungen in Spanisch meistern müssen, wie es sie in Französisch bekommen hätte!
Sollte Ihr Kind später eine weitere romanische Sprache lernen, wird ihm/ihr das deshalb leichter fallen, weil es bereits grundlegendes strukturelles und vokabeltechnisches Vorwissen über das Erlernen der ersten romanischen Sprache besitzt (egal, wie gut er/sie war), nicht weil eine romanische Sprache leichter zu erlernen wäre als eine andere – und weil die romanischen Sprachen alle auf Latein als Ursprungssprache zurückzuführen sind und deshalb etliche Wortstämme im Vokabular teilen.