Meine Französisch-Geschichte
Auch Lehrerinnen fangen mal an…
Als ich in meiner eigenen Schulzeit von der 7. Klasse einer Realschule in die 8. Klasse des Gymnasiums gewechselt bin, hat es im ersten Jahr an der neuen Schule Fünfer und Sechser nur so gehagelt. Überall, nicht nur in den Hauptfächern. Keine schöne Zeit! Frustrierend. Aber nicht wirklich überraschend: Neue Leute, neue Umgebung, neue Lehrer/innen, neue Begriffe, mehr vorausgesetzt als ich wissen konnte. Und ja, es gab auch Menschen, die mich schadenfroh beobachteten, um zu sehen, wann ich wohl scheitern würde, weil sie mir diesen Wechsel nicht zutrauten. Nachdem ich in der Realschule als gescheit empfunden worden war, fand ich mich plötzlich als eher nicht so schlau betrachtet und von meinem damaligen Englisch-Lehrer auch als „vielleicht mehr musisch begabt“ eingestuft wieder.
Aber es gab auch meine Mutter, die mich zum Üben anhielt und mir immer wieder sagte: „Wenn Du wirklich willst und beim Nachholen dranbleibst, wirst Du das schaffen!“ Und nach einer Weile habe ich mit meinen 13 Jahren tief Luft geholt, den Rücken durchgedrückt und mir ein Schild übers Bett gehängt, auf dem „Jetzt erst recht!“ stand.
Ich musste damals die Grammatik aller sprachlichen Hauptfächer (Deutsch, Englisch, Französisch) aus den 5. – 7. Schuljahren während des 8. Schuljahres zuhause aufarbeiten und versuchen, in Mathematik nicht komplett unterzugehen (das aufzuholen hat noch ein Jahr länger gedauert…). Am Ende dieses ersten Gymnasiums-Jahres hatte ich noch immer keine befriedigenden Noten im Zeugnis für die Menge an Arbeit, die ich bereits geleistet hatte. Eben doch sprachlich unbegabt? Meine Mutter erklärte mir, dass es Zeit braucht, um diese Menge an Stoff aufzuarbeiten und „keine Fünf“ bereits einen hart erarbeiteten Erfolg bedeuten kann.
Also weigerte ich mich, diese Noten als Spiegel für meine tatsächlich erbrachten Leistungen & Fähigkeiten zu betrachten und auch, mich mit Klassenkamerad/innen zu vergleichen, die ähnliche Noten auf dem Zeugnis stehen hatten wie ich (ohne zu arbeiten). Und übte weiter.
Noch zu Beginn der 9. Klasse habe ich in der Französisch-Klassenarbeit übers Passé Composé eine Fünf geschrieben (ich weiß es bis heute), obwohl ich wirklich gelernt und geübt hatte, denn den neuen Französisch-Lehrer fand ich einfach grandios. Ich habe nie erfahren, ob sich dieser Lehrer damals gefragt hat, ob ich sprachlich unbegabt sein könnte.
Bereits im Französisch-Studium an der Universität habe ich aber meinen Grammatik-Dozent/innen dann die Bildungsregeln fürs Passé Composé erklärt, die ich damals so gelernt hatte – fassungslos darüber, dass niemand sie kannte. Und um Theologie studieren zu dürfen, habe ich als Erwachsene auch noch Latein, Griechisch und Hebräisch als altsprachliche Voraussetzungen gelernt.
Heute bin ich stolz auf ein sehr gutes Staatsexamen in Französisch und Evangelischer Theologie fürs Gymnasiallehramt und eine mit summa cum laude beurteilte Promotion (äh.. sprachlich unbegabt?). Und es bereitet mir eine diebische Freude, allen fälschlich als „sprachlich unbegabt“ eingestuften Schüler/innen mit genau den Lernstrategien fürs Fremdsprachenlernen weiterzuhelfen, die ihren schulischen Französischnoten den Kampf angesagt haben, die mir die französische und später die anderen fremden Sprachstrukturen verständlich gemacht haben.